Budget: Finanzministerium erwartet 2020 wieder Defizit
Utl.: Müller meldet pessimistische Prognose nach Brüssel - Finanzminister rechnet
mit Rückkehr zu roten Zahlen, Wirtschaftsforscher dagegen mit Überschuss -
Schulden sinken unter 70 Prozent
Wien (APA) - Vor den langsam anlaufenden Regierungsverhandlungen hat das
Finanzministerium nun eine überraschend pessimistische Budgetprognose nach Brüssel
geschickt. Während die Wirtschaftsforscher auch 2020 mit Überschüssen rechnen,
erwartet Finanzminister Eduard Müller die Rückkehr in die roten Zahlen. Die Schulden
sinken dennoch erstmals seit der Krise wieder unter 70 Prozent der Wirtschaftsleistung.
Im Vorjahr hat die Republik erstmals seit 1974 wieder einen Budgetüberschuss von 0,2
Prozent der Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt/BIP) erreicht, der heuer auf 0,3
Prozent leicht anstiegen soll. Und geht es nach den jüngsten Prognosen von WIFO und
IHS, dann wären auch die finanziellen Voraussetzungen für die nun anlaufenden
Regierungsverhandlungen günstig. Beide Institute erwarten auch 2020 Überschüsse (0,4
Prozent das WIFO und 0,3 Prozent das IHS). Und zwar trotz abflauender Konjunktur und
trotz der vor der Wahl beschlossenen Zusatzausgaben.
Im Gegensatz dazu dämpft das Finanzministerium die Erwartungen für 2020 nun
deutlich. Wie aus der nach Brüssel gemeldeten Budgetplanung ("Draft Budgetary Plan")
hervorgeht, erwartet Müller nächstes Jahr ein gesamtstaatliches Defizit von 0,1 Prozent
des BIP. Die massive Abweichung zu den Prognosen der Wirtschaftsforscher erklärt das
Ministerium mit einer deutlich pessimistischeren Steuerschätzung. Außerdem setzt man
die Kosten der vor der Wahl gefassten Parlamentsbeschlüsse höher an.
"Im Budgetplan 2020 sieht man zwei Effekte sehr deutlich: Zum einen den
Konjunkturabschwung und zum anderen die teuren Parlamentsbeschlüsse von Juli und
September", sagt Müller dazu. Seiner Einschätzung nach kosten die Zusatzausgaben u.a.
für Pensionen, Pflege und Beamte kommendes Jahr eine Mrd. Euro, weitere 600 Mio.
Euro entgehen dem Staat durch die schwächere Wirtschaft. Niedrige Zinsen und stabile
Beschäftigung wirken zwar positiv und bringen 400 Mio. Euro, können das Minus aber
nicht wett machen.
"Damit endet die Trendumkehr und 2018 und 2019 bleiben vorerst die einzigen Jahre mit
einem gesamtstaatlichen Überschuss. Den Spielraum für die Herausforderungen der
kommenden Jahre werden wir uns wieder hart erarbeiten müssen", sagt Müller.
Dennoch enthält der der APA vorliegende Budgetplan auch eine positive Nachricht: Der
Schuldenstand soll 2020 auf 67,5 Prozent sinken und damit erstmals seit der Finanzkrise
wieder unter 70 Prozent des BIP liegen. Zum Vergleich: 2015 waren es fast 85 Prozent
gewesen.
Handlungsbedarf hat den Zahlen zufolge vor allem der Bund. Länder, Gemeinden und
Sozialversicherungen dürften der Prognose zufolge 2020 nämlich in Summe 0,2 Prozent
Überschuss erwirtschaften. In Summe reicht das aber nicht aus, um das Bundesdefizit
(0,3 Prozent) auszugleichen.